Porträtfoto Friedrich Wagner

Zum Tode von Friedrich Wagner

15. Dezember 2018

Bauen mit Friedrich Wagner

(Textauszug: Klaus Schmiedek aus dem Buch "Friedrich Wagner - Bauten für die Universität"; Spurbuchverlag, Baunach 2007)

Friedrich Wagners Werk ist wohl einzigartig. Das Zusammentreffen  einer Reihe besonderer Eigenschaften hebt es aus der großen Zahl anderer Architekten-Arbeiten heraus:

  • es ist nicht groß - aber hochkarätig,
  • es ist fast ganz allein von ihm entworfen und gezeichnet worden,
  • und es wurde - wenn man so will - für einen einzigen Bauherren errichtet.

Es gibt auch andere Architekten mit kleinem Oeuvre und ausgezeichneten Arbeiten. Bei Friedrich Wagner kommen auf ein starkes Dutzend Häuser fünf Auszeichnungen, davon zwei Mies van der Rohe und ein Bonatz Preis. Und was nicht ausgezeichnet wurde, war interessant genug, es in der Fachpresse zu publizieren, nicht nur hierzulande.

Noch weniger Parallelen weist die lebenslange Partnerschaft mit einem Bauherrn auf. ln seinem Fall waren es das Land, der Bund und die beiden Universitäten in Stuttgart und in Hohenheim, - kurz: der öffentliche Bauherr. Dass aber jemand ein solches Werk als Einzelkämpfer durchsteht, ist vollends außergewöhnlich, wenn nicht einmalig.

...

ln unsrer Zeit des "Ex und Hopp", des "Ausgebraucht und Weggeworfen", in der vom Sparen geredet und das Gegenteil getan wird, wo einem wie ihm eigentlich alles gegen den Strich geht, könnte er sich längst resigniert zurückgezogen haben,- wäre er nicht Friedrich Wagner: - standhaft, unbeugsam und unbequem. Andere predigen Ressourcenschonung,- er handelt:

  • kein Blatt Papier, auf einer Seite noch blank, landet im Papierkorb,- für Notizen ist es allemal noch gut;
  • und ein Sakko, dessen Ärmel fadenscheinig werden, bekommt verpasst, was schottischem Adel zur Zierde gereicht: - Ärmelflecken.

Was nutzlos herumsteht oder -liegt und nicht marode ist, darüber geht sein Blick nicht achtlos weg. Es weckt sein Interesse und beschäftigt ihn. Ob es um ausgediente Haltestellendächer oder Grossdruckbehälter
auf dem Schrottplatz der MPA geht,- wie outgesourcte Arbeitslose werden sie wieder in Dienst gestellt. Alles reizte seinen Erfindergeist und die Gestaltungslust, und nichts war ihm zu gering, sich seiner anzunehmen: ein Gehäuse für den Kettenaufzug einer Parkplatzabsperrung so gut wie das Friedhofstörchen auf dem lhingerhof.

Genug! Viele Worte,- zu viele für einen, der zwar nicht ums Wort verlegen ist,- wie wäre er sonst Professor?- der aber lieber schafft statt schwätzt. Da fühlt der Franke bei den Schwaben sich gut aufgehoben. Statt langer Reden bräuchte man nur auf seine Bauten zeigen,- sie sind ein treues Abbild seiner selbst:

  • gradlinig und aufrecht,
  • solide und einfach,
  • deutlich und klar,
  • eckig und kantig,
  • gut zu gebrauchen.

Womit eigentlich alles gesagt ist. Ein Sprichwort heißt: "Keine Freundschaft von Architekt und Bauherr überdauert den Einzug in das Haus." Mit Friedrich Wagner war das anders. Mein Respekt und meine Sympathie wurden von Mal zu Mal größer. Schade, dass es nicht mehr Gelegenheit zum Bauen gab.

Auszug aus dem Buch: Friedrich Wagner, Bauten für die Universität

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